• 26. August 2016 · 22:40 Uhr

Roter Strategiepoker in Spa: Drei Stopps als guter Kompromiss

Hohe Temperaturen & sonnige Bedingungen bringen den Supersoft von Pirelli zum Schmelzen und einige Teams bezüglich ihrer Rennstrategie in die Bredouille

(Motorsport-Total.com) - Ein ungewöhnliches Wochenende steht in Spa-Francorchamps bevor. 44 Grad Celsius Asphalttemperatur wurden am Freitagnachmittag auf dem Ardennen-Kurs gemessen, die höchste Streckentemperatur seit sechs Jahren. Diese Tatsache unterstreicht die untypisch warmen Bedingungen in Belgien. Dementsprechend schwierig wird es für die Teams, die richtige Strategie für das Rennen anzuwenden. Pirelli-Manager Mario Isola sprach am Freitagabend über die möglichen Strategien, außerdem den hohen Reifendruck.

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Pirelli ist wenig überrascht vom starken Reifenverschleiß in Spa Zoom Download

Während Mercedes im zweiten Freien Training ganz auf den Supersoft-Reifen verzichtete, der in diesem Jahr zum ersten Mal in Belgien zum Einsatz kommt, hatte Kimi Räikkönen Mühe, seinen Ferrari überhaupt auf der Strecke zu halten. Der Reifen baute bereits nach wenigen Runden stark ab. Auch Sebastian Vettel, der mit 13 Runden den längsten Stint auf der weichsten Mischung absolvierte, klagte am Ende über starke Vibrationen. Mehrere Fahrer berichteten außerdem von Blasen auf der Reifenoberfläche.

"Ich würde nicht sagen, dass die Blasen auf den Supersofts bei dieser Asphalttemperatur heute eine Überraschung sind", entgegnet Isola. "Es ist eine harte Strecke, der Asphalt ist sehr rau. Außerdem ist die Energie, die in den Reifen geht, sehr hoch. Das bedeutet, dass der Supersoft eine ziemlich aggressive Wahl ist", führt er aus. Das sind schlechte Nachrichten für Ferrari, Williams, Renault, Toro Rosso, Sauber und Haas. Diese Teams haben jeweils sieben Sätze der roten Pneus für das Rennwochenende bestellt. Mercedes als einziges Team hingegen nur vier.

Für das Qualifying sei der Supersoft, der am Freitag am meisten verwendet wurde, die optimale Wahl, auch weil er im Vergleich zu den anderen Reifenmischungen laut Pirelli 1,2 Sekunden schneller ist. Die Lebensdauer dieser Mischung wird durch die hohen Temperaturen jedoch zusätzlich verschlechtert: "Wir haben erwartet, dass er für acht, neun Runden hält. Bei diesen Bedingungen womöglich weniger lang, wir haben bei allen drei Mischungen recht hohen Verschleiß. Natürlich verschieden stark, wenn man den Medium mit dem Supersoft vergleicht."

Allerdings wirft Isola auch ein: "Die Wetterprognose für morgen hat sich etwas geändert. Es war sonnig und klar angesagt, doch jetzt scheint es so, als wäre es morgen wolkig. Möglicherweise gibt es außerdem eine Chance auf Regen am Sonntagnachmittag. Die Bedingungen werden sich ändern", prognostiziert er. Schon der Formel-1-Wetterdienst Ubimet wollte Regenschauer am Sonntag nicht kategorisch ausschließen. "Bei den wechselhaften Bedingungen müssen die Teams flexibel bleiben", fordert der Manager.

Die Fahrer bereiten sich ebenfalls auf eine schwierige Herausforderung vor. "Es wird mit diesen Mischungen hier nicht einfach, man muss das Arbeitsfenster genau erwischen", glaubt Toro-Rosso-Pilot Daniil Kwjat. Force-India-Pilot Sergio Perez ergänzt: "Das Wetter wird eine große Rolle spielen, es wird den Reifenverschleiß stark beeinflussen."

Pirelli rechnet mit kurzen ersten Stints & drei Stopps

Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo, der sich im zweiten Training seinem Teamkollegen Max Verstappen nur knapp geschlagen geben musste, rechnet außerdem mit einer Zweistoppstrategie, weil die Supersofts "kaum über fünf Runden" kommen würden. Isola merkt an: "Mit dem Medium und dem Soft könnten sich zwei oder drei Stopps ausgehen. Wenn der Supersoft nur fünf, sechs Runden hält, ist das nicht genug. Sie müssen den Soft oder auch den Medium verwenden", glaubt er.


Großer Preis von Belgien - Freitag

Da sich viele Piloten in Q2 mit ihrer Bestzeit auf Supersoft für Q3 qualifizieren werden, müssen sie mit diesem Reifen auch in das Rennen gehen. "Das würde einen sehr kurzen Stint am Beginn bedeuten", erklärt der Pirelli-Manager. "Heute im zweiten Training bei vollem Tank auf einem Longrun war der Verschleiß wirklich sehr hoch. Es gibt einen ziemlich großen Unterschied darin, ob der Tank voll ist oder leer." Er merkt an, dass man im zweiten Abschnitt des Qualifyings darauf achten sollte, welcher Pilot sich eventuell mit dem Soft für Q3 qualifiziert. Dieser könnte dadurch zu Rennbeginn auf dem gelben Pneu einen längeren Stint fahren.

Mit solch schlechten Prognosen für den Supersoft im Renntrimm steht den vorhin genannten Teams rund um Mitfavorit Ferrari oder auch Williams ein schwieriger Sonntag bevor. Isola rät: "Mehr auf den Soft fokussieren und den Medium für das Rennen als Backup aufsparen. Fahren sie auf dem Supersoft los, haben sie zu Beginn einen kurzen Stint. Danach könnten sie das Rennen mit zweimal Soft und einmal Medium möglicherweise ohne Probleme beenden. Oder drei Sätze vom Soft, das hängt vom Wetter ab", rechnet er eine mögliche Dreistoppstrategie vor.

Knackpunkt Reifendruck: Keine Überraschung für Pirelli

Nicht nur der starke Reifenverschleiß war am Freitag Thema bei Pirelli, auch der für viele Fahrer zu hoch angesetzte Reifendruck. Damit möchte man auf die Reifenplatzer im Vorjahr reagieren. Viele Piloten beschwerten sich jedoch darüber, Toro-Rosso-Pilot Carlos Sainz meinte, dass Maximum sei nun erreicht: "Damit ist man zu weit gegangen." Auch bei Williams war man wenig erfreut, Massa polterte: "Ich hatte in meiner ganzen Karriere noch nie so einen hohen Reifendruck. Das ist ein kleiner Witz."

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23,5 psi vorne, 22 psi hinten: Für viele Fahrer ist der Reifendruck in Spa zu hoch Zoom Download

Isola sieht das Thema gelassen: "Es war für die Teams keine Überraschung, dass wir hier einen so hohen Reifendruck fahren, weil wir am Beginn der Saison Power-Strecken hergenommen haben, unter anderem auch Spa, und bereits im Februar wussten sie, dass wir in Spa 23 oder 24 psi vorne und 22 psi hinten fahren werden."

Nachdem man bei Pirelli die Simulationen für dieses Wochenende aktualisiert hatte, änderte man den Reifendruck vorne auf 23,5 psi. "Wenn wir Spielraum haben, werden wir noch runtergehen. Vielleicht müssen wir es aber auch steigern", sollten die Telemetriedaten, die man von den Teams am Freitag bekam, stark von den eigenen Simulationen abweichen.

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